Türchen 19

Löwen Pool AG: Wenn privat an Spielerverkäufen mitverdient wird

Das Wichtigste in Kürze

  • Um bei einem Weiterverkauf Kasse zu machen: Die Löwen Pool AG finanziert Transfers und besitzt ab 2012 FCL-Spieler (z. B. Lezcano, Hyka).
  • Wieso die zusätzliche Firma? Eigentümer von Löwen Pool AG und FCL Holding sind dieselben.
  • Interessenkonflikte vorprogrammiert: Operative Entscheidungsträger sind privat an einzelnen Spielern des Vereins beteiligt.
  • Die FIFA besiegelt das Ende: Stierli, Alpstäg + Co. müssen die Löwen Pool AG 2015 aufgeben.

Die (offizielle) Geschichte von Bernhard Alpstäg und seinem Grund, wieso er – der zuvor (und danach?) kein Interesse an Fussball oder dem FCL hegte – beim zuschauerstärksten Sportverein der Zentralschweiz eingestiegen ist, dürfte hinlänglich bekannt sein: Seine Tochter Giulia, ihrerseits glühende FCL-Anhängerin, habe ihren Papi dazu überredet. Und Papi habe sein Portemonnaie geöffnet.

Nun gut: Darüber, wie weit (ob?) er seine Geldbörse effektiv geöffnet hat, bestehen in der Zwischenzeit ja durchaus Zweifel. Und auch die blumige Story, was Alpstäg dazu bewogen hat, dem FCL zur Seite zu stehen, könnte womöglich revidiert werden müssen. Vielleicht waren es ja eher die überzeugenden Versprechungen von Walter Stierli, der seinen FCL-Mitstreitern nicht nur eine goldene Arena(fassade), sondern auch (finanziell) goldene Zeiten prophezeite. Diese Version passt dann aber halt nicht ganz zum Bild des bodenständigen Patrons, der Denner-Cervelats liebt und gerne persönlich die Fabrik mit dem Besen wischt.

Löwe? Immer gut!

Image hin oder her. Die zentrale Frage lautet: Geld verdienen im Schweizer Fussball? Unmöglich, so die gängige Meinung! Falsch gedacht bzw. interpretiert: Bei Transfers liegt absolut Potential drin. Als Ausbildungs- und Durchgangsverein (wie der FCL) sowieso. Dies hat Stierli korrekt erkannt. Was er daraus allerdings für Schlüsse zog, darf durchaus als ʹverwerflichʹ bezeichnet werden. Rechtlich zwar korrekt, moralisch fragwürdig.

Doch was haben die Herren Stierli, Alpstäg + Co. aus ihrer Erkenntnis konkret gemacht? Sie haben (wieder mal) eine Firma gegründet – die «Löwen Pool AG». Noch nie gehört? Eben. Aber irgendwie kommt einem der Name doch bekannt vor. Genau: Auch hier – wie schon bei der «Löwen Sport und Event AG» (ehemaliger Holding-Name), durften die Wappentiere des FCL nicht fehlen.

Aber alles der Reihe nach. Die Löwen Pool AG (LP) wird am 09. 07. 2012 im Handelsregister eingetragen. Ihr Firmenzweck: «Handel mit Transferrechten und Spielerrechten von Fussballspielern». Die KPMG nennt die Bündelung zur Holding bei ihrer FCL-Unternehmensanalyse im Jahr 2015: «nahestehend, aber keine Tochtergesellschaft». Daher fliessen die Zahlen der LP auch nicht in die konsolidierte Konzernrechnung. Etwas, das durchaus bewusst so aufgegleist wurde.

«Nahestehend» ist in jedem Fall eine klare Untertreibung. «Deckungsgleich» würde es passender bezeichnen. Das Aktionariat der Holding und der Löwen Pool bestehen aus ein und denselben Personen. Einzig die Aktienverteilung ist anders – die Anteile sind gleichmässiger verteilt:

Bei ihrer Gründung verfügt die Löwen Pool AG über einen ʹTransfertopfʹ in der Höhe von Fr. 2.6 Mio. Nebst dem Aktienkapital (Fr. 650’000.-) zahlen sämtliche Aktionäre auch noch ein Darlehen in der dreifachen Höhe ein.

ʹSaubere Sacheʹ

«Mer hend s Gäld zäme» heisst es ab sofort. Dieser Running-Gag hat sich bis heute im Wortschatz der FCL-Fangemeinde gehalten. Er beruft sich aber auf eben diese Aussage von FCL-Exponenten von anno 2012. Durchaus zurecht. 2.6 Mio. sind ein grosser Batzen. Wenn man bedenkt, dass der FCL in dieser Zeit für Zuzüge selten über Fr. 200’000.- ausgibt, umso mehr.

Dies soll sich nun ändern. Einkaufen, Wert steigern, weiterverkaufen, Gewinn erwirtschaften. So soll das gehen. Aber weshalb in einem separierten Gefäss? Wieso Investitionen von pro Person (anfänglich) Fr. 400’000.- entkoppeln, wenn man – wie Sieber, Sawiris oder Schmid – zuvor bereits 3 Mio. (Aktienkauf) in die Holding einbezahlt hat? Wieso Transfers nicht via Verein bzw. der damals noch hochflüssigen Holding direktfinanzieren und den Gewinn vollumfänglich im Club bzw. in der Holding belassen? Falls die «FCL-Gesamtgruppe» die angepeilten Gewinne effektiv abwerfen würde, könnten sich die Aktionäre ihren Gewinn-Anteil mittels Dividenden ja jederzeit ʹzurückholenʹ.

Ein plausibler Grund für die Zusatz-ʹVerschacherungʹ wäre die Gewinnverteilung. In der Holding sind die Besitzverhältnisse verzerrter (Stierli 25 %, Alpstäg 26 %, andere nur 10 % …) als im Löwen-Pool-Konstrukt, wo sämtliche Grossaktionäre gleichgestellt sind. Ein nicht ganz abwegiger Gedanke könnte allerdings auch sein, dass man die erhofften Gewinne ganz bewusst nicht der Holding bzw. dem Club entnehmen wollte. Geldgeber, die am FCL verdienen: Dies wäre öffentlichkeitswirksam und nicht erwünscht. Das Geldgeber-Image: bye-bye. Entsprechend wird die Variante ʹvordergründig bei der Holding Defizite stopfen, hintenherum die Defizite durch Gewinne der Löwen Pool ausgleichenʹ bevorzugt.

Die Kaufabwicklung

Jetzt konkret: Wie funktioniert die Löwen Pool AG? Spieler werden grundsätzlich immer über den FCL gekauft. Erst im Nachhinein werden dann die materiellen (d. h. finanziellen) Rechte am Spieler vom FCL zur LP übertragen. Kurz: Sämtliche laufenden Kosten (Lohn, Prämien, Versicherung etc.) trägt der Verein. Die Löwen Pool AG finanziert den Transfer und nimmt den Spieler in Besitz.

Der Spieler-Typ

Doch welche Spieler kommen für solche Transfers überhaupt in Frage? Die Löwen Pool AG definiert ihre Investitionsgrundsätze wie folgt:

Die Zusatzklausel

Falls sich der FCL einen Transfer mit einer Ablösesumme von über Fr. 500’000.- von der LP fremdfinanzieren lassen will, muss er der LP zur «Risikodiversifizierung» einen Nachwuchsspieler (mit U-Nationalmannschafts-Status) überschreiben – und erhält für diesen den fixierten Pauschalpreis von Fr. 100’000.-.

Die Spieler-Auswahl

Sofern die FCL-Sportabteilung einen Fussballer verpflichten möchte – welchen der Club mit eigenen Mitteln nicht verpflichten kann oder will –, kann er ihn dem Investitionsausschuss der Löwen Pool AG vorschlagen. Bei der Präsentation muss von Seiten Verein immer mind. ein Vertreter aus der Sport- und Finanzabteilung anwesend sein.

Brisant: Mit Finanzchef (Thomas Schönberger) und Präsident (Mike Hauser) sitzen operativ sehr stark eingebundene Personen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches. Die Geschäftsleitung sowie die Vorgesetzten von Sportchef bzw. Trainer: befangen zwischen Firmen- und Privatinteressen.

Der Kaufentscheid

Wenn der Investitionsausschuss der LP überzeugt ist vom Transfer, dann wird der Vorschlag allen Aktionären unterbreitet. Jetzt darf also Aktionär Hauser darüber entscheiden, ob der Spieler, den ihm Präsident Hauser vorschlägt, gekauft werden soll. Stimmen drei Viertel der Aktionäre der LP der Verpflichtung zu, trocknet die Tinte. Problem: Befangenheit zwischen Firmen- und Privatinteressen.

Die Interessenkonflikte

Corporate Governance: schon mal gehört? Bei oben skizzierter Konstellation müssten eigentlich sämtliche Alarmglocken läuten. Nicht beim FCL. Wie auch, wenn sämtliche «Kontrollorgane» (Geschäftsleitung, Verwaltungsrat, Aktionäre) von allen Firmen «gleichgeschalten» sind – und alle involvierten Köpfe Teil des Konstrukts? Interessenkonflikte noch und nöcher: Nicht bloss beim Kauf, sondern auch bei Vertragsverhandlungen oder -verlängerungen, bei der Aufstellung, beim Verkauf etc.

Apropos: Ist es Zufall, dass im Jahr 2014 von allen FCL-Spielern just Jahmir Hyka das höchste Grund-Jahresgehalt (Fr. 330’000.-) verdient? Sein Besitzer: Die Löwen Pool AG.

Der Spieler-Pool

Aus den Akten lässt sich entnehmen, welche Spieler die Löwen Pool AG 2014 besitzt. Viele sind es nicht: Nebst Hyka wird aber insbesondere auch der Kauf von Dario Lezcano (Transfersumme Fr. 1.22 Mio.) über die LP abgewickelt. Kryeziu und Thali sind als ʹMitgiftʹ in die LP eingebracht worden (vgl. «Zusatzklausel»).

Sowohl Hyka (Transferdatum Juli 2011), als auch Lezcano (Februar 2012) werden buchhalterisch vor der eigentlichen Gründung der Löwen Pool AG (September 2012) an diese verkauft. Weitere Transfers der Jahre 2011–2014 (wie z. B. von Hochstrasser, Affolter oder Rangelov) sind direkt über den FCL getätigt worden. Insgesamt hat die Löwen Pool AG bei ca. 40 % aller Transfersummen für Neuzugänge ihre Hände bzw. ihr Geld im Spiel.

Die Gewinnaufteilung

Und nun zur zentralen Frage: Wer verdient (und wie) an diesem Konstrukt? Für Verkäufe von LP-Spielern gibt es eine klar definierte Vorgehensweise. Vereinfacht: Der erwirtschaftete Netto-Gewinn (Transferertrag abzüglich sämtlicher Kosten wie Einkaufspreis, Beraterkommission etc.) wird zwischen dem FCL (51 %) und der Löwen Pool AG (49 %) nahezu hälftig geteilt.

Der Lezcano-Geldsegen

Der erfolgreichste und gewinnbringendste Transfer ist klar derjenige von Dario Lezcano. Der Knipser aus Paraguay, welcher sich auch aufgrund seiner 8-Spiele-Sperre-Kopfstoss-Attacke gegen Schiri Fedayi San im Gedächtnis der FCL-Fans eingebrannt hat, bringt dem FCL bei seinem Verkauf im Januar 2016 gemäss Medienberichten zirka drei Mio. Franken ein [1]. Auch wenn solche Zahlen immer mit Vorsicht zu geniessen sind: Abzüglich des Einkaufspreises dürfte ein Gewinn von gut Fr. 1.5 Mio. resultiert haben. Gemäss Gewinnaufteilung fliesst knapp die Hälfte dieses Betrags am FCL vorbei in die Löwen Pool AG.

Das Ende des Traums

Viele Transfers werden in der eher kurzen Periode, in der die Löwen Pool AG aktiv war, nicht getätigt. Lezcano bleibt daher die Ausnahme. Zum Leidwesen der Löwen Pool AG beschliesst die FIFA im Dezember 2014 nämlich, dass es Drittparteien ab dem 1. Mai 2015 verboten wird, sich an (neuen) Spielern zu beteiligen. Die Tage der ʹInvestoren-Spielerʹ sind damit gezählt. Spieler dürfen sich von diesem Tag an ausschliesslich im Besitz von Clubs befinden. Somit wird auch die LP zwecklos. Einzig die bestehenden Spielerverträge bleiben im Portfolio. Ruedi Stäger, Mitinhaber der LP AG (er hat die Anteile von Hauser und Schönberger übernommen), an einer VR-Sitzung: «Der Sexappeal ist weg». Er möchte an der LP nicht weiter beteiligt sein und austreten.

Diese Ansicht setzt sich (notgedrungen) durch. Die Löwen Pool AG lässt ihre Tätigkeiten auslaufen und fristet noch zwei Jährchen ein tristes Dasein, ehe sie per 30. 11. 2017 in die FCL Holding AG ʹhineinfusioniertʹ wird. Ein (weiteres) aussergewöhnliches (und in der Öffentlichkeit bislang ʹunterbelichtetesʹ) Kapitel beim FCL ist geschlossen.

Was bleibt?

Walter Stierli lag mit seinem Versprechen, beim Fussball bzw. an Transfers Geld verdienen zu können, alles andere als falsch – dies belegt die Personalie Lezcano. Dass er und seine Mitstreiter sich zusätzlich die besten Nachwuchsspieler aneignen wollten, ist aus heutiger Perspektive mehr als brisant. Aufgrund der nur kurzen ʹLebensdauerʹ des Konstrukts hielt sich der Einfluss der Löwen Pool AG auf den FCL in Grenzen. Trotzdem: Für einen Verein wie den FCL könnte es finanziell gesehen nicht viel Gefährlicheres geben, als seine ʹHaupteinnahmequelleʹ teilen zu müssen.

Wir erinnern uns: Der FCL konnte in den vergangenen Jahren nur deswegen ausgeglichen arbeiten, weil er Saison für Saison Spieler ins Ausland transferieren – und dafür Millionenerträge generieren konnte. Erst kürzlich bezifferte Stefan Wolf den Betrag, der in den Jahren 2017–2022 (unter Sportchef Remo Meyer) aus Transfererlösen generiert werden konnte, auf Fr. 18 Mio. brutto. [2] Im Schnitt sind dies über drei Mio. pro Jahr.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Wenn nun also – wie vor zehn Jahren mit der Löwen Pool AG – versucht wird, direkt an FCL-Spielern zu partizipieren, bleibt mindestens ein schaler Beigeschmack. Wenn man es, wie vor ein paar Monaten geschehen, indirekt probiert und via Bild- bzw. Namensrechte an Spielern (Transfers) mitzuverdienen versucht, schadet dies in erster Linie dem FCL. Bernhard Alpstäg war bei beiden Versuchen involviert. Für einen Ausbildungsverein, der in hohem Masse abhängig von Transfererträgen ist, keine guten Nachrichten.

[1]https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/transfer-hammer-fcl-knipser-lezcano-wechselt-in-die-bundesliga-id4557614.html

 

[2]https://www.pilatustoday.ch/sport/fcl/fcl-verwaltungsrat-stellt-klar-keine-zusammenarbeit-mit-alpstaeg-moeglich-148579005


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