Türchen 20

Dunkle Geldflüsse und erhellende Fakten

Das Wichtigste in Kürze

  • Finanzielle Ungereimtheiten: Im Jahr 2015 erstellt die KPMG das 93-seitige Dokument «Projekt Bettina», welches den FCL detailliert durchleuchtet.
  • Bekannte Namen: Über die «Gruppe Rigi» waren Mike Hauser, Thomas Schönberger und – nochmals (!) – Walter Stierli an der FCL-Holding beteiligt.
  • Wieder Gratisaktien: Auch die «Gruppe Rigi» erhält ihren Aktienanteil (5.5 %) ohne Geldfluss, «in Anrechnung erbrachter und zukünftiger Leistungen».
  • Kaschierte Privatgewinne: Die Geldflüsse beim Weiterverkauf der Aktien sind ʹkreativʹ.

2014 taucht beim FCL ein Wort auf, das allen Investoren Sorgenfalten in die Stirn zeichnet: Sanierungsbeiträge. Bereits fast 11 Mio. Franken haben die neuen Aktionäre – der Reihe nach Marco Sieber, Fredy Flükiger, Ruedi Gillmann, Hans Schmid und Samih Sawiris – zwischen 2011 und 2012 für ihre Beteiligungen eingeschossen – und doch fehlt dem FCL das Geld schon wieder an allen Ecken und Enden. Der Einstieg von Josef Bieri 2014 lindert kurzzeitig die Not, doch auch die von ihm bezahlten 3 Mio. Franken sind rasch verbrannt.

Externe bringen Licht ins Dunkel

Die neuen Aktionäre fragen sich: Wo ist all das viele Geld, das sie für ihre Beteiligungen eingeschossen haben? Sie bohren nach und beginnen erstmals zu realisieren: Anders als sie haben Alpstäg und Stierli für ihre Aktien nichts bezahlt. Und noch viel schlimmer: Gewisse Geldflüsse lassen sich nicht nachvollziehen. Sie fühlen sich betrogen und stellen den Verwaltungsrat daher vor die ultimative Wahl: Entweder bringt ein Wirtschaftsprüfer Licht ins Dunkel, oder dann die Staatsanwaltschaft.

Die Drohung wirkt. Rasch beauftragt der Verwaltungsrat die KPMG mit einer externen Untersuchung. Bereits wenige Monate später steht der Abschlussbericht. Am 27. Juli 2015 präsentiert die KPMG die Ergebnisse des «Projekt Bettina». Auf 93 Seiten nehmen die Wirtschaftsprüfer den FCL unter die Lupe und zeichnen nach, was in den Anfangsjahren (2011–2015) bzw. per Frühjahr 2015 im Holding-Konstrukt Aussergewöhnliches vorgefallen ist. «Bettina» – woher dieser Name kommt, lässt sich im Nachhinein nicht eruieren – fördert brisante Details zu Tage. Die wichtigsten in Kürze:

  • Im November 2010 erhielt die Gruppe Rigi 5.5 % der Aktien an der FCL Holding AG, soweit ersichtlich ohne finanzielle Gegenleistung.
  • Die Gruppe Rigi ist eine einfache Gesellschaft – bestehend aus Walter Stierli (damals Verwaltungsratspräsident der FCL Holding AG), Mike Hauser (damals Verwaltungsrat der FCL Holding AG) und Thomas Schönberger (damals FCL-CEO).
  • An dieser Gesellschaft waren Walter Stierli zur Hälfte, Mike Hauser und Thomas Schönberger zu je einem Viertel beteiligt.
  • Im Oktober 2011 verkaufte die Gruppe Rigi bereits wieder 3.5 % ihrer Holding-Aktien – für 1.05 Mio. Franken (300 Franken pro Aktie).
  • Fr. 600’000.- flossen im November 2011 von der Gruppe Rigi an die FC Luzern-Innerschweiz AG weiter, die restlichen Fr. 450’000.- verblieben bei Stierli, Hauser und Schönberger.
  • Bei der Gründung der Löwen Pool AG (siehe gestriges Türchen) im Sommer 2012 werden die Einlagen von Walter Stierli (Fr. 400’000.-), Mike Hauser und Thomas Schönberger (je Fr. 100’000.-) nicht von diesen Personen überwiesen, sondern von der FC Luzern-Innerschweiz AG.

Dieses Vorgehen hinterlässt Fragen. Den interessantesten Aspekten widmen wir uns daher noch vertiefter. Zunächst einmal: «Gruppe Rigi»? Noch nie gehört? Da geht es den meisten gleich. Dabei gehört diese Gesellschaft zu einer der ersten – bislang aber weitestgehend unbekannten – Beteiligten an der FCL Holding AG. Sie ist, gemeinsam mit Alpstäg und Stierli, schon vor 2011 an der Holding beteiligt. Analog der Aktientransaktion bei Bernhard Alpstäg werden ihr die Anteile nicht verkauft, sondern «in Verrechnung von bisherigen und zukünftigen Leistungen» übertragen. Dies scheint zu dieser Zeit also durchaus ʹüblichʹ zu sein. Für ihren Anteil in der Höhe von 5.5 % (ʹstandesgemässer Verkaufspreisʹ: ca. Fr. 1.65 Mio.) fliesst also (wieder einmal) kein Geld in die Kassen des FCL.

Königin der Berge – und der Vertuschung?

Wie weiter oben beschrieben, besteht die «Gruppe Rigi» aus folgenden Personen: Mike Hauser, Thomas Schönberger und – schon wieder – Walter Stierli. Letzterer hält am Konstrukt einen Anteil von 50 %, Hauser und Schönberger je deren 25 %. Die Rigi-Connection repräsentiert also die wichtigsten Köpfe der FCL-Führungsriege von anno 2010. Sollen diese mit den ʹGratis-Aktienʹ für ihre Verdienste und Leistungen rund um den Stadionbau abgegolten werden? Bei Hauser, der (so ging man bislang zumindest davon aus) jahrelang ehrenamtlich beim FCL tätig war, könnte man diese Vergütung durchaus erklären. Aber weshalb das Versteckspiel? Warum die Vertuschung? Wieso soll offensichtlich niemand je erfahren, dass sich die drei Herren für ihren Einsatz entlöhnen lassen? Überhaupt: Warum treten die Herren des Trios nicht – wie sämtliche anderen Aktionäre – mit ihren eigenen Namen im Aktionärsbuch auf, sondern verbergen sich hinter einem Gesellschaftsnamen?

Blickt da noch jemand durch?

Viele offene Fragen. Viele unverständliche Handlungen. Kuriositäten noch und nöcher. Da verkauft bzw. ʹverkauftʹ Walter Stierli, der zu diesem Zeitpunkt sämtliche unverkauften Holding-Aktien hält – aus dem einzigen und einfachen Grund, sie im Sinne des FCL zu Geld zu machen – Aktien an einen Käufer bzw. eine Käufer-Gruppe, an welcher er selbst massgeblich beteiligt ist? Zum Nulltarif notabene. Ein Geschenk an sich selbst. «Wenn jeder bloss an sich denkt, ist an alle gedacht» – oder wie?

Zusätzlich auffallend: Die Aktien der Gruppe Rigi werden zackig wieder weiterverkauft. Kein Jahr in ihrem Besitz, wechseln die ersten 3.5 % des 5.5 %-Pakets bereits den Eigner. Die Aktien gehen an Marco Sieber (1 %), Fredy Flükiger und Rudolf Gillmann (je 1.25 %). Die verbleibende Tranche in der Höhe von 2 % stösst die Gruppe Rigi im April 2013 ab. Auch hier gehen die Anteile an Flükiger und Gillmann, welche jeweils 1 % dazukaufen.

Und nun wird es richtig kompliziert – und brisant: Genau diese Transaktionen bzw. Aktienverkäufe mit einem Volumen von insgesamt 1.75 Mio. Franken werden von der KPMG («Projekt Bettina») eingehend untersucht. Die Wirtschaftsprüfer kommen zum Schluss, dass die dabei resultierenden Geldflüsse «nicht im Sinne der gleichberechtigten Investoren zu werten» seien.
Übersetzt: Die drei Inhaber der Gruppe Rigi haben bei den Aktienverkäufen privat mitverdient, obschon dies – zumindest mit den übrigen Aktionären – nicht so vereinbart gewesen sei.

Wie viel? Den entsprechenden Betrag fasst die KPMG im Jahr 2015 – also zwei Jahre, nachdem die Gruppe Rigi sämtliche Aktien abgestossen hat – folgendermassen zusammen:

Im Privatvermögen von Hauser und Schönberger bleiben im Endeffekt demnach Fr. 212’500.-, Walter Stierli verdient an den Aktientransaktionen gar deren Fr. 225’000.-. Dies ergibt nach Adam Riese Fr. 650’000.-, die nicht an den FCL geflossen sind. Zusätzliche Fr. 400’000.- landen zwar nicht auf einem Privatkonto – in diesem Falle von Walter Stierli – dafür über einen Umweg in seinem Aktienportfolio. Mehr dazu später.

Hat man da noch Worte?

Interessant (und zwischenzeitlich schon fast FCL-typisch) an diesem Zahlungsgewirr ist zudem, wie (durchaus kreativ) versucht wird, die Geldflüsse zu verschleiern. Das muss man sich auch erst mal ausdenken. Das Trio lässt sich Aktienverkäufe nämlich nicht einfach direkt aufs Privatkonto auszahlen. Stierli + Co. haben sich etwas Fantasievolleres ausgedacht:

Beim Verkauf der ersten 3.5 % zum Preis von Fr. 1.05 Mio. (Zahlung per Oktober 2011), bleiben bloss Fr. 450’000.- im Vermögen der Gruppe Rigi. Ein Grossteil des Geldes (Fr. 600’000.-) wird einen Monat später (23.11.2011) an die FC Luzern-Innerschweiz AG weitergeleitet – fliesst also zurück an den FCL. Zumindest bei diesem Betrag ist also keine private Bereicherung auszumachen. Allerdings nur vorderhand. Denn: Ein gutes halbes Jahr später, im Juni 2012, werden just diese Fr. 600’000.- dazu verwendet, um das Aktienkapital und die Darlehen des Trios bei der neu gegründeten «Löwen Pool AG» (vgl. gestriges Türchen) einzuzahlen. Wer bis anhin also der Meinung war, dass Stierli – immerhin – seinen finanziellen Beitrag an die Löwen Pool AG aus eigenen Mitteln geleistet hat, liegt falsch! Der FCL bezahlt seinem damaligen Präsidenten also auch noch die komplette Risikokapital-Einlage in der Höhe von Fr. 400’000.-, um – auf Kosten des Vereins – an FCL-Spielertransfers zu verdienen. Hat man da noch Worte?

Die drei Akteure der Gruppe Rigi v.l.n.r.: Schönberger, Stierli, Hauser.

Quo vadis, Walter Stierli?

Walter Stierli, der Meister der Vertuschung, der Spezialist für komplizierte und geldflussverschleiernde Strukturen. Derjenige, der sich nach seinem Komplett-Rückzug wie folgt zitieren liess: «Ich war ehrenamtlicher Präsident. Ich hatte keinen Lohn, nichts». Fr. 500’000.- (Aktienverkauf an Alpstäg)? Fr. 400’000.- (Rückforderung für «Entflechtung Engagement FCL Holding»)? Fr. 225’000.- (Gruppe Rigi)? Nichts. Absolut nichts.

Apropos ʹEhrenamtʹ: Der Titel «Ehrenpräsident» wurde an der vergangenen FCL-GV (FCL-Innerschweiz AG) von einigen Aktionärs-Voten in Frage gestellt, weil zuvor durchgesickert war, dass W. Stierli ʹseinenʹ 25-%-Anteil zur Aufpolierung (halbe Mio.) seines Privatkontos veräussert habe. In der Zwischenzeit sind einige zusätzliche Machenschaften (und weitere, hunderttausende Franken schwere, Transaktionen in die eigene Tasche) aufgedeckt worden.

Diejenigen FCL-Kreise, welche die Diskussion tiefgründig führen möchten, ob bei Walter Stierli im Endeffekt die positiven oder negativen Leistungen höher zu gewichten sind, haben damit einige zusätzliche – teils auch juristisch relevante – Argumente erhalten. Ob nach dieser ʹNeuauslegungʹ – wie auch immer sie ausfallen mag – nach wie vor gefolgert wird, dass der «Ehrenpräsidenten»-Status und die damit (auf Lebzeiten) verbundenen Freikarten im Gegenwert von jährlich Fr. 20’000.- gerechtfertigt sind?


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