Türchen 23

Wie bitte: 4 Prozent leisten, 100 Prozent entscheiden?

Das Wichtigste in Kürze

  • Die (finanzielle) Abhängigkeit des FCL von Alpstäg ist eine Mär.
  • Alpstäg leistet inkl. Swisspor nur gerade 4 % aller Einnahmen, die dem FCL seit 2011 zugeflossen sind.
  • Verhältnismässig (fast) nichts zahlen, aber alles allein entscheiden wollen? – So nicht!

«Die Abhängigkeit des FCL von Herrn Alpstäg ist eine Mär. Wir können belegen, dass Herr Alpstäg seit Bezug der Swisspor-Arena lediglich 24 Prozent aller Investitionen der Aktionäre bezahlt hat. Über 75 Prozent aller Aktionärszuschüsse wurden demnach nicht von Bernhard Alpstäg, sondern von uns anderen Aktionären bezahlt.»

Diese Worte, geäussert von Josef Bieri in einem Zeitungsinterview am 17. Oktober, haben uns aufhorchen lassen. Jahrelang wurde allen FCL-Fans eingetrichtert, dass der FCL ohne Alpstäg schon lange pleite wäre. Und nun soll er – der (frühere) 52-%-Mehrheitsaktionär – nur 24 % aller Aktionärszuschüsse bezahlt haben? Kann das wirklich sein? Wie kommt Bieri auf diese Zahl? Ist die Abhängigkeit von Alpstäg in Wahrheit sogar noch kleiner? Wie geht dies einher mit Alpstägs öffentlich geäussertem Credo «Wer zahlt, befiehlt»? «Zäme meh als 52 %» hat tief gegraben und dabei Erstaunliches entdeckt.

 

Wundersame Zahlen

Das Wichtigste vorweg: Wie uns vorliegende Dokumente zeigen, hat Bieri keinesfalls übertrieben. Eine bis jetzt unveröffentlichte Zusammenstellung zeigt die genaue Auflistung der Aktienkaufpreise und der geleisteten Sanierungsbeiträge (siehe Türchen 20) aller Aktionäre von 2014 bis 2022. In der Summe zeigt sich, dass Bernhard Alpstäg in diesem Zeitraum für den Kauf seiner Aktien und die Deckung von Defiziten total CHF 7.4 Mio. in den Klub gesteckt hat – zweifellos viel Geld, aber weit entfernt von der oftmals gehörten Mär, dass Alpstäg jedes Jahr mehrere Millionen in den FCL stecke.

Noch spannender wird’s, wenn man diese CHF 7.4 Mio. ins Verhältnis zu den Beträgen der anderen Aktionäre setzt. Josef Bieri, der von 2014 bis 2021 gerade einmal 10 % der Aktien besass und seither 48 % besitzt, hat demzufolge bereits rund 10 % mehr bezahlt, nämlich CHF 8.1 Mio. Die «Triple-S-Gruppe» mit Sieber, Schmid und Sawiris kommt sogar auf einen Betrag von CHF 13.5 Mio. Man muss sich dies einmal vorstellen: Die drei Aktionäre mit einem kumulierten Anteil von zuletzt ʹnurʹ rund 30 % bezahlten fast doppelt so viel an den FCL wie Alpstäg, der seiner Meinung nach 52 % der Aktien besitzt. Wahnsinn!

 

Netter Versuch, Herr Stierli

Der Vollständigkeit halber: 5 % der Zahlungen entfielen auf die Altaktionäre Flükiger, Gillmann und Stierli, die seit längerem keine Holding-Aktien mehr besitzen. Zumindest der Letztere scheint dies übrigens vergessen zu haben und wollte am Mittwoch (21. 12. 2022) trotzdem an der Generalversammlung der FCL Holding AG teilnehmen. Vergeblich – denn an der GV waren selbstverständlich nur aktuelle (im Aktionärsbuch eingetragene) Aktionäre zugelassen. Zum Glück hatte der FC Luzern für ein gutes Sicherheitskonzept gesorgt …

Aufgrund der oben erwähnten Zahlen kommt «ZÄME MEH ALS 52 %» auf die exakt gleichen Beträge wie Josef Bieri in seinem Interview. 24 % der Beträge stammten von Alpstäg, 27 % von Bieri, 44 % von den Triple-S und 5 % von weiteren, kleineren Aktionären. «Wer zahlt, befiehlt?» Dann dürften viele befehlen, aber sicher nicht Alpstäg.

 

Der gute Ritter B. A.

Fairerweise muss man die Geschichte noch weiterspinnen, denn Alpstäg resp. die von ihm kontrollierte Swisspor AG investiert ja noch andere Beträge. Dass der FCL von den jährlichen CHF 500’000 für die Namensrechte am Stadion keinen Rappen sieht, darüber haben wir schon zur Genüge berichtet. Dieser Betrag, der von ʹAlpstäg-Jüngernʹ gerne ins Feld geführt wird, darf also in einer seriösen Auflistung gar nicht berücksichtigt werden.

Zudem hat die Swisspor AG auch einen sog. «Stadionpartner-Vertrag». Damit bezieht sie Leistungen wie Bandenwerbung, Tribünenzugänge, eine Loge und Plätze im «Presidents Club». Einzeln eingekauft würden sich diese Leistungen pro Jahr auf rund CHF 350’000 summieren. Doch Patron Alpstäg zeigt sich spendabel und bezahlt für das Paket (*Trommelwirbel*) gerade mal CHF 200’000. Äusserst grosszügig, der Herr, wenn es um den FCL geht …

 

Herr Alpstäg ist bescheiden – auf seine Art

Selbstverständlich ist die Swisspor AG nicht der einzige Sponsor des FCL. Entsprechend sollte man deren Sponsoringbetrag auch in Relation zu den Beträgen der übrigen Sponsoren setzen. Seit 2016 sind die Finanzberichte des FC Luzern öffentlich einsehbar. Diesen ist zu entnehmen, dass der FCL in den letzten sechs Saisons aus Sponsoring und Werbung total CHF 33.8 Mio. eingenommen hat. Davon dürften rund CHF 1.2 Mio. (mit entsprechenden Gegenleistungen) von der Swisspor AG stammen, das sind 3.6 % der Einnahmen.

Die Sponsoring-Einnahmen machen jedoch nicht den Hauptteil der Einkünfte des FC Luzern aus, sondern ʹnurʹ 24.8 %. Der jährlich grösste Einnahmeposten ist die «Matchorganisation» und stammt somit von den Fans. Dieser Betrag beziffert sich – trotz massiv tieferen Einnahmen während der Corona-Zeit – auf CHF 49.2 Mio., entsprechend 36.1 % der Gesamteinnahmen.

 

Nach Adam Riese

Im Zusammenhang mit der Alpstäg-Mär ist auch der Posten «Transferertrag» aufschlussreich. Dieser zeigt auf, dass der FC Luzern seit dem Antritt von Remo Meyer als Sportchef Erträge in der Höhe von CHF 17.8 Mio. erzielen konnte. Pro Saison entspricht dies rund CHF 3.6 Mio. Oder anders gesagt: Remo Meyer hat in nur fünf Jahren mehr als doppelt so viel Ertrag für den FCL generiert wie Alpstägs Einschüsse in mehr als zehn Jahren (seit 2011) betragen … Erstaunlich – bedenkt man, dass Alpstäg den Sportchef unbedingt loswerden will.

Leider sind die Jahresrechnungen des FC Luzern seit dem Einstieg von Bernhard Alpstäg nicht lückenlos dokumentiert resp. öffentlich zugänglich. Setzt man jedoch die vielen Zahlen, die man den exklusiven Dokumenten («Projekt Bettina» u.a.) und den öffentlichen Finanzberichten entnehmen kann, ins Verhältnis, so kommt man zu einer erstaunlichen Erkenntnis.

 

Summa summarum

Von 2011 bis 2022 belaufen sich die Gesamteinnahmen des FCL auf mindestens CHF 255 Mio. Die Sanierungsbeiträge der Aktionäre, welche seit 2014 in unregelmässigen Abständen notwendig wurden, summieren sich auf CHF 18 Mio.

Total flossen dem FCL seit dem Bezug des neuen Stadions im Jahr 2011 also mehr als CHF 270 Mio. zu. Davon leistete Alpstäg – wie bereits erwähnt – CHF 7.4 Mio. Das sind weniger als 3 %.

Durch den Stadionpartner-Vertrag hat die Swisspor AG in den letzten sechs Jahren zusätzlich rund CHF 1.2 Mio. an den FCL bezahlt. Für die Jahre zuvor sind die Beträge nicht bekannt. Gehen wir grosszügig davon aus, dass der Betrag damals doppelt so hoch war, so ergäbe dies weitere 2 Mio. Natürlich wurden dafür Gegenleistungen bezogen, aber wir wollen nicht kleinlich sein. Somit kommen wir auf einem Sponsoring-Beitrag – kumuliert über das letzte Jahrzehnt – von 3.2 Mio.

 

Aber die Götter sagen es nicht

Wir legen Wert auf die Feststellung, dass dies Schätzungen sind. Und wie gesagt: Nicht alle Zahlen sind öffentlich zugänglich. Die Tendenz ist jedoch klar: Insgesamt ergibt sich nämlich lediglich ein Beitrag von Alpstäg resp. Swisspor an den gesamten Zahlungen z. G. des FCL von ziemlich genau 4 %. Mit anderen Worten: Rund 96 % der Einnahmen des FCL stammen NICHT von Bernhard Alpstäg oder der Swisspor AG.

4-%-Bernhard möchte also Alleinherrscher sein. Ohne den Corona-Effekt, durch welchen die Sanierungsbeiträge der Aktionäre höher ausfielen als gewohnt, wäre der Beitrag im Übrigen sogar noch kleiner ausgefallen. In guten Jahren (z. B. 2018/2019 oder 2020/2021) leistet Alpstäg sogar nur rund 1 % aller Einnahmen des FCL.

Wie daraus unbedingt auf eine Abhängigkeit von Alpstäg geschlossen werden müsste (ohne den der Club angeblich dem Tode geweiht wäre), das wissen nur die Götter. Aber die sagen es nicht.

Wir stellen nüchtern fest, dass Josef Bieri mit seinen Aussagen recht hatte – ja sogar, dass Bernhard Alpstäg in Wirklichkeit dem FCL noch viel weniger zahlt als man allgemein wohl meint. Eine exakte Zahl lässt sich nicht nennen. Doch ob es nun 3, 4 oder 5 % sind: Alpstägs Credo «Wer zahlt, befiehlt» entpuppt sich geradezu als Hohn. Die Abhängigkeit des FCL von Herrn Alpstäg ist eine Mär. Und zwar eine ganz grosse!


Zurück zur Übersicht